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Was es bedeutet, lebendig zu sein. Ein Gespräch mit Virginia Novarín

Virginia Novarín. Foto: Fatih Kurceren

Was es bedeutet, lebendig zu sein. Ein Gespräch mit Virginia Novarín

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Interkultureller Kalender 2020

Der Interkulturelle Kalender feiert die einzigartige Vielfalt des Ruhrgebiets. Mit der Sonderedition des Jahres 2020 stellen wir jeden Monat interkulturelle Akteur*innen vor und laden zu Veranstaltungen an besonderen Orten ein. Im Oktober steht das „Fest der Toten“ in Dortmund im Mittelpunkt. Fabian Saavedra-Lara hat mit Virginia Novarín gesprochen, die die Initiative mit ins Leben gerufen hat.

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Fabian Saavedra-Lara: Liebe Virginia, auf Eurer Website ist zu lesen, dass das Fest der Toten in vielen verschiedenen Ländern Lateinamerikas gefeiert wird und auch darüber hinaus sehr populär ist. Wie erklärst du dir diese Beliebtheit?

Virginia Novarín: Das Fest der Toten wird in Lateinamerika nach den jeweiligen kulturellen und noch vorhandenen präkolumbinischen Traditionen gefeiert. Das Interessante an diesem Fest ist, dass es den Menschen ein anderes Konzept von Leben und Tod nahebringt. Man kann den eigenen Verstorbenen auf eine, sagen wir, fröhliche und lebendige Weise gedenken. Wenn die Beteiligten sich z.B. als Skelett verkleiden, schmückt man sozusagen seinen eigenen zukünftigen Leichnam. Man kann auch einfach feiern, musizieren oder Freund*innen treffen. Es ist auch eine Feier des Lebens, sich bewusst zu werden, was es bedeutet, lebendig zu sein.

Es gibt auf der Welt sehr viele verschiedene Kulturen und Religionen. Eines der wenigen Dinge, die alle Menschen gemeinsam haben, ist, dass wir geboren werden und sterben. Das Fest der Toten ist für uns ein Ort der Begegnung. Ein Raum, den wir schaffen, um mit anderen zu feiern.

Wie ist die Idee entstanden, ein Fest der Toten in Dortmund zu organisieren?

Was zu Beginn ein kleines Fest unter Freunden in der Privatwohnung unseres Kollegen Josué war, haben wir in ein Kulturprojekt für Viele transformiert. Das bedeutet Organisation, Öffentlichkeitsarbeit, Vermittlung. Und darauf zu achten, was die Beteiligten brauchen und suchen.

Was wünschst du dir für die Zukunft eures Projekts?

Unser Wunsch ist es, dass unser Fest der Toten nicht den persönlichen, vertrauten Charakter eines Festes unter Freunden verliert, mit Besucher*innen und Interessierten, die genauso eingeladen sind mitzumachen. Es ist nicht nur eine Party.

Wie siehst du das lateinamerikanische kulturelle Leben in der Region? Hat sich deiner Meinung nach in den letzten Jahren etwa verändert?

Es gibt viele lateinamerikanische kulturelle Aktivitäten im Ruhrgebiet. Ich denke, wir Latinos haben uns in das kulturelle Leben des Landes integriert. Für mich hat sich nicht viel verändert, aber vieles ist öffentlicher geworden. Im Laufe der Zeit schlagen die ehemaligen Migrant*innen Wurzeln und gründen im Land, in dem sie leben, ihre eigenen kulturellen und sozialen Initiativen. Was uns verbindet, ist das gemeinsame Leben in Deutschland.

Das Fest der Toten findet seit 2017 in Dortmund jedes Jahr am letzten Oktober-Wochenende statt. 2020 kann es leider nur online gefeiert werden. Weitere Informationen > hier.

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Die gedruckte Auflage des Interkulturellen Kalenders 2020 ist leider vergriffen. Eine digitale Version (pdf) zum Herunterladen gib es > hier.

Virginia Novarín im Interview bei der Präsentation des Interkulturellen Kalenders. Foto: Guido Meincke
Marisa Álvarez und Josué Partida bei der Präsentation des Interkulturellen Kalenders. Foto: Guido Meincke
Virginia Novarín. Foto: Fatih Kurceren
Fest der Toten 2020. Foto: Virginia Novarín
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